Donnerstag, 9. Oktober 2008

Schweizer Mittelklasse-Hotels akut gefährdet

Experten fordern Neuausrichtung und mehr Marketing-Aktivitäten

Le Mirador Kempinski - Blick auf den Genfer See (fotodienst.ch/Gerd Müller)
Bern - Ein Viertel oder rund 1.400 aller kleinen und mittelgrossen Hotels der Schweiz sind laut einer aktuellen Studie des Forschungsinstitutes für "Freizeit und Tourismus" an der Uni Bern http://www.unibe.ch akut gefährdet und kaum überlebensfähig. Im Gegensatz dazu haben die besten Luxushotels der Schweiz unlängst angekündigt, rund eine Mrd. Franken (644,3 Mio. Euro) in ihre Infrastruktur investieren zu wollen.

Die Auslastungszahlen verdeutlichen die Misère der kleinen Betriebe. Im Durchschnitt sind diese Hotels nur zu 21 Prozent gebucht, derweil die Grosshotels durchschnittlich zu 56 Prozent belegt sind. Eine Bettenauslastung von 50 Prozent gilt als Grenze der Rentabilität. Bei der Zimmerauslastung zeigt sich das gleiche Bild: Kleinst- und Kleinhotels erreichen eine Auslastung zwischen 26 und 37 Prozent, die Grossen kommen auf 61 bis 67 Prozent. Für die geringere Auslastung sind nach Meinung von Experten verschiedene Gründe verantwortlich: Fehlende Standards und Spezialisierung, die eine klare Positionierung und Vermarktung erlaubt sowie als Folge fehlende Markenauftritte und eine mangelnde Ertragsoptimierung.

Gastrosuisse und Schweiz Tourismus fordern die Besitzer nun zur Neuausrichtung auf. "Die Webseite ist die Visitenkarte der Hotels", sagt Schweiz-Tourismus-Direktor Jürg Schmid. Die Bilder müssten die Gäste träumen lassen.
Während die kleineren Hotels mit niedriger Auslastung und mangelndem Marketing kämpfen, gedeihen die Geschäfte auf der luxuriösen Seite der Wertschöpfungskette prächtig. Bis 2010 werden die 37 Mitglieder der "Swiss Deluxe Hotels" (SDH) http://www.swissdeluxehotels.com , einer Vereinigung der besten Luxushotels der Schweiz, beispielsweise rund eine Mrd. Franken in ihre Infrastruktur investieren. Die Investitionen für die nächsten zwei Jahre entsprechen rund einem Drittel des kumulierten Jahresumsatzes, so SDH-Präsident und Direktor des Le Mirador Kempinski am Genfersee, Eric Favre.

"Das Geld soll vor allem zum Ausbau der Wellbeing-Bereiche verwendet werden, denn der Trend geht heute klar in Richtung mehr Wellbeing", fährt Favre fort. Die Bedeutung der Gesundheit habe sich gewandelt und nehme mittlerweile einen grösseren Stellenwert ein. Das Le Mirador Kempinski gehe dabei mit gutem Beispiel voran und investiere 40 Mio. Franken in das Facelifting des Spa-Bereichs. Bis Juni 2009 bleibt das Hotel geschlossen.

Am meisten Geld wird im Grand Hotel Bad Ragaz in die Hand genommen. Der Um- und Ausbau inklusive eines Turmneubaus mit 56 Spa-Suiten kommt auf 160 Mio. Franken zu stehen. Im April 2009, wenn der Neubau fertig gestellt ist, wird das Thermalwasser der Tamina-Therme direkt aus dem Wasserhahn in die Suiten kommen. Auf der Liste der Investitionsvorhaben wird aber auch vielerorts in elegantere Restaurants und modernere Küchen investiert, wie etwa beim Arosa Kulm Hotel in Flims oder im Widder Hotel in Zürich. Auch das Baur au Lac in Zürich wird gerade für 40 Mio. Franken vom Pariser Stararchitekten Pierre-Yves Rochon umgebaut. Und auf dem Bürgerstock will die Barwa Real Estate Company aus dem Emirat Katar 300 Mio. Franken in den Ausbau des Hotels investieren, mit der Begründung, das Tourismusland Schweiz sei besonders attraktiv für asiatische und arabische Gäste.

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